„Nie wieder ist jetzt – was bedeutet dies für das christlich-jüdische Zusammenleben heute?“
Unter der Frage „Nie wieder ist jetzt – was bedeutet dies für das christlich-jüdische Zusammenleben heute?“ fand am Mittwoch, 08. März 2024, eine Podiumsdiskussion in der Reformierten Gemeinde Göttingen statt.
Die Veranstaltung führte der Evangelische Arbeitskreis der CDU/CSU Kreisverband Göttingen (EAK) in Kooperation mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Göttingen (GCJZ) durch. Als Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden Herr Prof. Dr. Gerhard Wegner, Niedersächsischer Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens, Frau Dr. Adelheid Ruck-Schröder, Regionalbischöfin im Sprengel Hildesheim-Göttingen, Herr Dr. Achim Doerfer, Stellvertretender Vorsitzender der Liberalen Jüdischen Gemeinde Göttingen, und Frau Esther Heling-Hitzemann, Vorsitzende der GCJZ in Göttingen, begrüßt.
Zu Beginn betonte Benjamin Menge, Vorsitzender des EAK-Kreisverbandes: „Das ‚Nie wieder‘ verjährt nicht!“ Als Moderator führte er durch den Diskussionsabend und fragte nach Erfahrungen mit dem Satz „Nie wieder ist jetzt“. Im weiteren Verlauf ging es um jüdisches Leben vor und nach dem Angriff der Hamas, Israel als deutsche Staatsräson und den Umgang mit Gaza. Herr Dr. Doerfer sagte, „Nie wieder“ bedeute für ihn als Juden, nie wieder wehrlos und abhängig zu sein. Er berichtete davon, seine jüdische Identität und seinen jüdischen Glauben in der Öffentlichkeit verstecken zu müssen. Das Bedrohungsgefühl habe in der jüdischen Community bereits seit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle zugenommen, sei aber durch den Überfall der Hamas deutlich verstärkt worden. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer, dass die Schule ein wichtiger Ort ist, um Antisemitismus entgegenzutreten. Aber auch eine enge Zusammenarbeit von Juden und Christen, wie sie beispielsweise zwischen der Reformierten Gemeinde und der Liberalen Jüdischen Gemeinde Göttingen stattfindet, sei laut Frau Heling-Hitzemann bedeutsam. Frau Dr. Ruck-Schröder unterstrich die Verantwortung der Kirchen. Das „Nie wieder“ müsse mit einer Lesart der Bibel bekräftigt werden, die christlichen Antijudaismus vermeidet. Nicht zuletzt sei es notwendig, die Strafverfolgung zu verschärfen, so Prof. Dr. Wegner. Ihm zufolge sei Antisemitismus kein Minderheitenphänomen. Die Dikussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer bestritten weder das Existenzrecht Israels noch das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza. Eine differenzierte Betrachtung sei unerlässlich. Es dürfe aber nicht sein, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland gezwungen werden, sich zur israelischen Regierung zu verhalten.
Nach zwei Stunden Diskussion, kritischen Fragen aus dem Publikum und einigen Adorno-Zitaten endete der Abend. Der EAK-Kreisverband Göttingen hofft, dass die rund 50 Gäste neue Perspektiven mitnehmen konnten und sie für antisemitische Denkmuster sensibilisiert wurden.